Prototyping: Wie du deine Idee testfähig machst

”Das müssen wir mal prototypen!”, “Lasst uns das mal bauen.”, “Das sollten wir vorher testen.” – Irgendwann kommt der Punkt, an dem man seine Ideen vom reinen Papierkonzept in ein anfassbares und erlebbares Produkt überführen möchte. Je eher dieser Moment eintritt, desto besser. Ein gut durchdachter Prototyp ist in der Lage reale Reaktionen bei Testern hervorzurufen. Das Ziel eines Prototyps ist die Machbarkeit einer Idee auf drei Ebenen zu klären:

  • Ist die Idee technologisch machbar?
  • Ist sie wirtschaftlich tragbar?
  • Schafft die Idee einen wirklichen Nutzen?
Das Ziel deiner Idee

Ich bin der Meinung das Hauptziel des Prototypen sollte es sein, die Idee greifbar und erlebbar zu machen. Man übergibt den Nutzer quasi ein Geschenk und beobachtet ihn dabei, wie er es nutzt.

Jetzt wird es spannend: Wie reagiert der Nutzer, wie nutzt er das Produkt?

Um Prototyping gut durchführen zu können, empfiehlt sich oft ein Hinterfragen des eigenen Mindsets. Wir sollten wegkommen davon, die perfekte Lösung entwickeln zu wollen und lieber eine bevorzugen, die gut genug ist. Zudem ist der Prototyp nicht als Langzeit-Lösung zu sehen, vielmehr als temporäre Lösungen die weitere Änderungsschleifen auslösen kann und soll.

Zeit sparen und schneller Einsichten gewinnen

Leider erleben wir in unserer täglichen Arbeit und Workshops allzu oft, dass Prototypen als perfekte Langzeit-Lösung gedacht werden, wodurch die ganze Kraft des eigentlichen Ansatzes verloren geht.

Frage dich: Wie kann ich die Zeit bis zum Testen verkürzen?

Wir können uns bei der Produktentwicklung zwei virtuelle Linien vorstellen. Der erste Meilenstein ist erreicht, wenn das Produkt die Grundfunktion beinhaltet, die getestet werden soll. Sobald dieser Punkt erreicht ist, sollten Nutzer in die ersten Tests einbezogen werden. Unsere Idee ist somit in ein reales und erlebbares Produkt überführt worden, dass gut genug zum Testen ist. Wir ersparen uns wertvolle Zeit und erhalten zudem erste Einsichten, was Nutzer unter dem Angebot verstehen und wie sie es für sich nutzen.

Entgehe der Gefahr, dass du dich in deine Idee verliebst

Wir alle kennen es, wie überzeugt man von seiner eigenen Idee sein kann und wie schmerzhaft es wird, wenn diese auf die Realität trifft. Mit der richtigen Geschwindigkeit im Entwicklungsprozess kann man sich vor diesem emotionalen Tief schützen. Teste ich frühstmöglich meine Idee als Prototyp, nehme ich Nutzerreaktionen mit einem hohen Änderungswillen auf. Ich verstehe, dass meine Ursprungsidee am Nutzer vorbeiging und ich nachjustieren muss. Je länger ich an meiner Idee im Verborgenen arbeite, desto geringer wird dieser Wille und ich neige eher zur Perspektive, dass die Nutzer einfach zu inkompetent sind, mein Produkt zu verstehen und zu nutzen.

Beginnen wir das Prototyping mit der Ideenentwicklung, entgehen wir diesem Dilemma und sind offen für Änderungen während des Prozesses.

Arten von Prototypen

Sobald klar ist, dass es vorteilhaft seine Idee und Hypothesen frühzeitig zu testen, stellt sich die Frage, wie genau ein Prototyp aussehen kann. Auf die Frage, was genau der perfekte Prototyp ist, gibt es leider keine allgemeingültige Antwort. Zielführend ist es immer, mit den Annahmen bezüglich meiner Idee zu starten, die am kritischsten für den Erfolg sind. Das heißt, wenn die gewählte Annahme so nicht eintritt, ist meine Idee nutzlos oder liefert nicht genügend Wert für den Nutzer.

Im Designbereich unterscheidet man zwischen Low-Fidelity Prototypen wie Mockups oder Storyboards bis hin zu High-Fidelity Typen wie klickbare Interfaces mit dem wichtigsten Grundfeature. Gerade Storyboards eignen sich um den Informationsfluss zu testen bzw. Abbruchskriterien für Nutzer zu identifizieren. Low-Fidelity Prototypen benutze ich verstärkt in der Konzeption von Produkten, jedoch nicht in Nutzertests.

High-Fidelity-Prototypen wie zum Beispiel eine Landingpage mit einem realem Kaufabschluss (die gewählte Zahlungsart der Nutzers wird jedoch nicht belastet) machen reale Aktionen und Reaktionen von Nutzern deutlich. Ist der Kunde bereit, einen in seiner Wahrnehmung realen Kaufabschluss zu tätigen, stehen die Chancen gut, dass die präsentierte Idee einen hohen Nutzen für den Nutzer hat.

Wenn dir klar bist, was du testen möchtest und mit welcher Art von Prototyp du den Test durchführen willst, bist du bereit für die Umsetzung.

Baue deine Westernkulisse

Wenn man sich an die Umsetzung eines Prototypen macht, hilft es im Generellen sich zu überlegen, welche Westernkulisse man aufbauen möchte.

Die Metapher mit der Westernkulisse finde ich für das Vorgehen ziemlich passend (die Idee habe ich von hier), da genau dieser Ansatz darstellt, wie der Prototyp gedacht werden sollte. Die Hauptstraße ist für den Nutzer vollkommen detailliert dargestellt und real erlebbar. Sobald
eine der Nebenstraßen betreten wird, ist der Prototyp natürlich erkennbar.

Man sollte sich die Frage stellen, wie sieht meine Hauptstraße für den Nutzer aus. Welche Funktionen muss ich ausgestalten und welche kann ich andeuten, muss ich aber nicht wirklich funktionsfähig machen. Wenn es dir gelingt, dass der Nutzer die Hauptstraße in deinem Produkt, deiner realen Idee entlangläuft und nicht bemerkt, dass es sich um einen Prototyp handelt, wird er so reagieren, wie er auch auf das finale Produkt reagieren würde.

Mit diesen Einsichten kannst du dein Produkt erfolgreich iterieren und einen wirklichen Mehrwert für deine Nutzer schaffen.👏🏻👏🏻

Why-How-Laddering: Definiere die passende Challenge

Eine gute Challenge kann den Start und Verlauf eines Innovationsprojektes positiv beeinflussen. Genauso kann aber auch eine zu allgemein bzw. zu offen formulierte Challenge das Projekt und Vorgehen beeinflussen. Um die passende Challenge zu finden sollte man sich Zeit nehmen und auch auf die korrekte Formulierung der Frage achten. In diesem Post stellen wir die Why-How-Laddering Methode vor.

Was wird benötigt:

  • Ein Moderator
  • Flipchart-Marker oder Whiteboard-Stift
  • Ein großes Blatt Papier (A1 oder noch besser A0) oder ein Whiteboard

Beim Why-How-Laddering soll die Fragestellung der Challenge angepasst werden. Grundlegend werden immer Fragen nach oben mit “Warum…” und nach unten mit “Wie…” gestellt. Wie klettern im Laddering wie auf einer Leiter nach oben oder unten.

Das Grundprinzip der Methode: Nach oben “Warum”, nach unten “Wie” fragen

Beispielsweise haben wir die Frage “Wie werde ich Popstar” zur Überarbeitung erhalten. Die Challenge ist ein Beispiel für eine eher ungeeignete Ausgangsfrage für ein Design Thinking Projekt. Sie benennt kein konkretes Problem und die Zielgruppe “ich” ist sehr begrenzt.

Zur Überarbeitung der Frage wird sie in die Mitte geschrieben und daraufhin der Prozess gestartet. Zum Beispiel mit der Frage: “Warum will ich Popstar werden?”. Hierbei erscheinen Antworten wie Ruhm, Anerkennung oder Aufmerksamkeit naheliegend.

Start mit den Fragen “Warum will ich Popstar werden?”

Um nun aus diesen eine neue Fragestellung ableiten zu können, ist es sinnvoll diese neuen Begriffe im Laddering einzuschließen. Beispielsweise kann nun gefragt werden: “Wie komme ich zu Ruhm?”. Auf dieser Grundlage eröffnen sich neue Felder, die durch die Ausgangsfrage nicht beachtet wurden.

Neue Themenfelder ergeben sich

Nun scheint die klare Lösung nicht mehr so einfach. Eine Umformulierung der Challenge könnte beispielsweise lauten “Was muss ich tun um mir ein außergewöhnliches Talent anzueignen?”. So wurde die sehr explizite Lösung schon etwas geöffnet. Das Laddering kann beliebig erweitert werden.

Laddering zur Umformulierung der Challenge

Die Methode sollte solange durchgeführt werden, bis eine natürliche Sättigung der Fragen auftritt. Danach kann eine neue Fragestellung gesucht werden.

Was eine gute Challenge ausmacht

Um eine Design Challenge erfolgreich bearbeiten zu können, ist es aus unserer Sicht wichtig, dass drei wesentliche Grundvoraussetzungen erfüllt werden.

  1. Benennt die Design Challenge ein klares Problem? Achtung: Symptome oder Lösungsansätze sind nicht das Problem an sich: Eine zu eng gefasste Problemstellung bietet zu wenig Spielraum, weil eventuell schon ein Lösungsansatz enthalten ist. Eine zu breit gefasste bietet dagegen wenig Bodenhaftung und erschwert konkrete Lösungen.
  2. Ist das Problem aus Nutzersicht beschrieben? Meist hilft ein solcher Blickwechsel enorm bei der Entwicklung und Validierung von sinnvollen Lösungsansätzen.
  3. Ist die Situation, in der sich das Problem für den Nutzer bemerkbar macht, klar beschrieben? Eine gute Situationsdefinition gibt wichtige Hinweise darauf, was das Team während der Verstehen-Phase durch Beobachtung und Interviews erleben sollte.

Es macht definitiv Sinn sich zum Start eines Innovationsprojektes oder Design Thinking Prozesses  kritisch mit der gegebenen Fragestellung bzw. Challenge auseinanderzusetzen und diese gegebenenfalls umzuformulieren. Dazu kann das Why-How-Laddering eine gute Möglichkeit sein, das Level und den Fokus der Ausgangsfrage zu verschieben.

Produktfeatures schnell und einfach priorisieren

Gerade in der Produktentwicklung ergeben sich während des Entwicklungsprozesses zahlreiche Ideen und Verbesserungen, die genau betrachtet und priorisiert werden sollten. Nicht selten entsteht bei mangelnder Einstufung der Ideen ein verschwommenes Bild vom finalen Produkt, das wichtige Entwicklungsressourcen falsch bindet. In diesem Text zeigen wir, wie mithilfe der Impact-Effort-Matrix eine simple aber sehr effektive Einordung der Vorhaben gelingt.

Was wird benötigt:

  • Rechteckige Post-its, wir mögen gelb
  • Sharpies (für Insider der Begriff für geeignete Stifte zum Beschreiben von Post-its) oder einfach gesagt, dicke Stifte zum Schreiben
  • Ein großes Blatt Papier (A1 oder noch besser A0) oder ein Whiteboard

Die Matrix erstellen und Items vorbereiten

Die Impact Effort Matrix ist ein spannendes und gleichzeitig einfaches Instrument, um eine Priorisierung von Aufgaben, Entwicklungstickets oder auch Meilensteinen während der Produktentwicklung anzugehen. Wie der Name schon sagt, handelt es sich dabei um eine 2 mal 2 Matrix mit den Achsen Aufwand und Einfluss. Um starten zu können, zeichnet man das Grundraster der Matrix auf ein großes Blatt Papier oder Whiteboard und deutet die Vierteilung durch Mittelachsen an.

Das Grundlayout der Matrix ist schnell erstellt



In der Zwischenzeit sollten alle zu priorisierenden Items auf einzelne Post-its geschrieben werden, sodass anschließend die Lösungsideen einzeln bewertet werden können.

Alle Items auf einen Post-it schreiben

Die Items im Team bewerten

Im Idealfall ordnet man die Features in einer gemeinsamen Teamrunde innerhalb dieser Matrix an. Dabei sollte durchaus diskutiert werden, jedoch im Rahmen der vorgegebenen Kategorien. Am besten nimmt sich ein Teammitglied ein Item und bewegt es zunächst auf der horizontalen Achse bis das Team über den Aufwand einstimmig entschieden hat. Nun ist die vertikale Achse und somit der Einfluss des jeweiligen Items dran. Auch hier verschiebt das Teammitglied so lange die Karte bis die richtige Position für das Item erreicht ist. Dieses ganze Prozedere führt man mit allen vorhandenen Karten durch.

Wir suchen nach hohem Einfluss und geringem Aufwand

Sobald alle Items in der Matrix angeordnet sind, ergibt sich ein gewisses Bild innerhalb der Matrix. Es ist naheliegend und zielführend, sich relativ schnell den Bereich hoher Einfluss, geringer Aufwand genauer anzuschauen. Alle Items, die sich hier befinden sollten hoch priorisiert und zügig umgesetzt bzw. validiert werden.

Die befüllte Matrix lässt nun Schlussfolgerungen zur Priorisierung zu

Abschließend können alle Lösungsideen in dem Bereich hoher Einfluss, geringer Aufwand mit einem Punkt markiert werden, sodass sie bei späterer Verwendungen schnell wieder erkennbar sind.

Die Impact-Effort-Matrix ist eine gute Methodik, um schnell und einfach eine Priorisierung der anstehenden Produktfeatures ableiten zu können. Besonders im Team hilft die Vorgehensweise, um ein gemeinsames Verständnis für die kommenden Entwicklungsschritte aufzubauen.